Best Ager: Die neuenanspruchsvollen Kunden –Alles andere als langweilig!

Einige Produkte, wie z.B. das Mobiltelefon, sind über viele Altersschichten hinweg gleichermaßen verbreitet. Doch beim Kauf eines Mobiltelefons nebst Karte erhält man das neu Erworbene oftmals zusammen mit einigen Hochglanzbroschüren im gewollt pubertären Layout – zuweilen selbst dann, wenn es sich nicht um ein Billigprodukt handelt. Im Informationstext über den Mobilfunkanbieter steht direkt zu Beginn: „Wenn Du heute Deine Karte aktivierst, nennst Du uns Deinen Namen und Deine Adresse.“ Für den 16-jährigen Käufer mag das alles völlig in Ordnung sein. Aber schon der auch nur um einige Jahre ältere Kunde will sich womöglich nicht mehr dauergeduzt wissen und fühlt sich auch kaum von den smarten Boys auf der Verpackung repräsentiert.

Auch wenn ein allmählicher Wandel nicht zu leugnen ist – noch immer reduzieren die Marketingentscheider ihre Zielgruppenansprache auf die heftig umworbene Altersgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Wenn hierbei nun – was nicht selten der Fall ist – davon ausgegangen wird, dass die Kommunikationsmittel, die den 20-Jährigen ansprechen, auch für den 40-Jährigen taugen, dann geraten die etwas älteren Kunden bereits in eine kommunikative Grauzone. Der Fokus bleibt auf den jüngeren Teil dieser Zielgruppe gerichtet.

Die Zielgruppe mit der größten Kaufkraft

Zielgruppenanalysen haben letztendlich den Zweck, die Marketinginstrumente auf eine definierte Käufergruppe auszurichten und damit den Umsatz zu erhöhen. Bei solchen Untersuchungen sind zwei Faktoren von besonderer Relevanz: die zahlenmäßige Größe und die Kaufkraft einer Zielgruppe. Und hier sprechen alle Untersuchungen eine deutliche Sprache: Die so genannten „Best Ager“ vereinen Quantität und finanzielles Potenzial. Schon heute verfügen die über 44-Jährigen (mit ca. 12,3 Milliarden Euro) über deutlich mehr Kaufkraft als Jugendliche und junge Erwachsenen zusammen. Die Tendenz ist steigend.

Laut Berechnungen des statistischen Bundesamtes sind (2004) mehr als die Hälfte der Bundesbürger über 40 Jahre alt, bereits 2030 wird die Hälfte aller Deutschen schließlich sogar über 50 Jahre alt sein.

„Best Ager“ – ein dehnbarer Begriff

Einige Dienstleister – insbesondere aus den Bereichen Tourismus, Versicherungen und dem Finanzsektor – haben sich als erstes auf die veränderte Anspruchslage der „neuen Alten“ eingestellt. Seitdem kursieren viele mehr oder weniger sinnvolle Begriffe („Midager“, „Silver Ager“, „Baby Boomer“, „Golden Oldies“, „50plus“ usw.), für die neu entdeckte Zielgruppe, die über das Alter der jungen Erwachsenen hinaus, aber noch nicht im herkömmlichem Sinne alt ist – den Best Agern.

Zugleich werden die unterschiedlichen Begriffe recht unsystematisch für verschiedene Altersschichten verwendet – gemeint sind einmal alle über 40, dann die über 50 oder auch diejenigen zwischen 50-69 oder 45-60. Letztendlich ist es wenig zweckmäßig, hier mithilfe von konkreten Altersangaben eine einengende Begriffsdefinition vornehmen zu wollen. Vielmehr sollte eine Sensibilisierung für eine bestimmte Konsumentengruppe mit spezifischen Ansprüchen erreicht werden. Die Gruppe der „Best Ager“ zeichnet sich nicht alleine durch die Zugehörigkeit zu einer festgesetzten Altersgruppe aus, sondern eben auch durch bestimmte Charakteristika – bei denen das Alter zwar eine Rolle spielt –, die dabei sowohl auf Menschen mit 40 als auch auf über 60-jährige zutreffen können.

Generell ist daher festzuhalten, dass – aufgrund der demographischen Entwicklung – eine immer größer werdende Gruppe von Menschen entsteht, die sich in der zweiten Lebenshälfte befindet. Zu dieser Zielgruppe zählen diejenigen Personen, die aufgrund ihrer Alters nicht mehr zu den jungen Erwachsenen gezählt werden können, aber auch ältere Menschen, für die die herkömmliche Kategorie „Senioren“ eine völlig unzutreffende wäre. Die finanzielle Kaufkraft der „Best Ager“ ist heute schon enorm, innerhalb der nächsten Jahrzehnte wird das wirtschaftliche Potenzial dieser Zielgruppe weiter wachsen.

Wie eingangs beschrieben, haben sich einige Marktsegmente noch immer nicht auf die neue Zielgruppe eingestellt. Um hier ein Umdenken – und damit Verkaufserfolge – zu erreichen, ist es notwendig, die besonderen Eigenschaften dieser Kundengruppe näher zu betrachten.

„Best Ager“ und die Werbung

In der Zielgruppenansprache der „Best Ager“ haben bisher einige Anbieter von Kosmetik- und Wellness-Produkten durchaus geschickt gehandelt. Aber hier sind die Bedürfnisse der „Best Ager“ vielleicht auch am offensichtlichsten: Gesundheit in Verbindung mit gutem Aussehen gelten als Voraussetzungen für ein aktives Leben. Dabei geht es weniger um die Heilung konkreter Krankheiten, sondern vielmehr um die Vorbeugung und die Förderung des Wohlbefindens. Damit wird die Prioritätenliste der „Best Ager“ ganz oben getroffen, wodurch der Konsum kräftig angekurbelt wird – was den Herstellern und Anbietern einen wahren Boom beschert.

Die Werbung zeigt sich in der Ansprache dieser bedeutenden Zielgruppe allzu oft nur wenig kompetent und kaum kreativ. Nicht selten bleiben die „Best Ager“, zugunsten der jüngeren Generation, bei einer gezielten Ansprache sogar komplett ausgeklammert. Viele Versuche der Werbeindustrie, mit ihnen ins Geschäft zu kommen, werden als ungelenk und sogar abschreckend empfunden. Ein Grund dafür könnte an der Tatsache liegen, dass viele Werbemacher selbst oft sehr jung, jedenfalls nur selten über 35 sind. Diesen fehlt der Zugang zur älteren Zielgruppe. Permanentes Duzen (wie im eingangs beschriebenen Beispiel), und die fast manisch anmutende Verwendung der englischen Sprache sind Belege für absolut mangelhafte Berücksichtigung der Bedürfnisse der „Best Ager“.

 

Dabei wird Werbung von dieser Zielgruppe im Prinzip als wichtiges Informationsmittel wahrgenommen, zugleich ist aber die große Mehrheit aller „Best Ager“ der Meinung, dass der Werbefokus ganz eindeutig auf der Jugendkultur liegt, dass die Werbung für Jüngere gemacht ist. Emotionale, oberflächliche und reizbetonte Werbebotschaften sind für den „Best Ager“ wenig verlockend, vielmehr wünschen sich diese einen höheren Informationsgehalt, beispielsweise hinsichtlich der Qualität und bezüglich der Serviceleistungen.

Die an den Bedürfnissen vorbeischießenden Werbebotschaften sind in doppelter Hinsicht unverständlich: Zum einen werden die Wünsche der quantitativ größten (und weiter wachsenden) Kundengruppe kontinuierlich missachtet, zum anderen trifft diese Missachtung dabei auch noch eine überaus konsumfreudige und zahlungskräftige Kundschaft, die tatsächlich umworben werden will.

Der Verkäufer als entscheidende Schnittstelle zwischen Kunde und Ware

Der Absatz hochpreisiger Produkte und Dienstleistungen ist oft schwieriger als der Verkauf von Billigprodukten. Dieses Problem verstärkt sich zudem während konjunkturschwacher Zeiten, von deren Auswirkungen die „Best Ager“ erfahrungsgemäß weniger betroffen sind als andere Zielgruppen. Und gerade die Bereitschaft der „Best Ager“, lieber einen hohen Preis für anerkannte Qualität und gute Serviceleistungen zu zahlen, als günstige – aber dafür unter Umständen minderwertige – Produkte zu erwerben, macht sie gerade für den hochpreisigen Marktbereich so interessant. Dabei sind sie sich ihrer Bedeutung und ihrer Kaufkraft durchaus bewusst – selbstsicher sind sie der Meinung, dass sie ihre hohen Ansprüche mit vollem Recht stellen können. Sie zahlen schließlich auch einen hohen Preis für erstklassige Qualität, um ihr Leben komfortabel und aktiv zu gestalten. Die hohen Erwartungen richten sich dabei nicht allein an das Produkt oder die Dienstleistung selbst – auch die Vermarktung soll den hohen Ansprüchen entsprechen. Während sich die Werbung also oft ignorant verhält, eine zufrieden stellende Kundenansprache fehlt und sogar Verpackungen und Informationsmaterialien häufig eher auf jüngere Kundenschichten zugeschnitten sind, ist es die diffizile Aufgabe des Verkäufers, diese Versäumnisse aufzufangen. Der Verkäufer tritt dem Kunden im direkten Kontakt gegenüber. Der selbstbewusste „Best Ager“ wird ihm dabei unmittelbar mit seinen Erwartungen konfrontieren und schließlich nur dort kaufen, wo er sich gut und kompetent beraten fühlt. Wichtig ist, den individuellen Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden zu entsprechen, den richtigen Ton zu treffen und die Kunden dabei richtig einzuschätzen.

Die Anforderungen an den Verkäufer sind insbesondere beim Verkauf von Premiumprodukten sehr hoch – zumal dann, wenn es sich um ohnehin kritische und äußerst konsumerfahrene Kunden handelt. Die Chance, hier nicht nur einen einmaligen Verkauf zu erzielen, sondern neue Stammkunden hinzuzugewinnen, ist bei Premiumkunden tatsächlich groß – ebenfalls jedoch die Möglichkeit, diese Kunden zu verärgern und den Mitbewerbern zuzutreiben. Die Basis für dauerhaft gute Verkaufserfolge ist eine richtige und individuelle Einschätzung des Kunden. Gerade der „Best Ager“ erwartet – wie fast jeder Käufer von hochpreisigen Waren – besondere Aufmerksamkeit (was gleichzeitig jedoch nicht heißt, dass andere Zielgruppen grundsätzlich geringere Ansprüche haben). Zudem ist zu beachten, dass dem „Best Ager“ zwar gewisse Charakteristika zugeschrieben werden, dass sich diese Zielgruppe – wie jede andere auch – nochmals in differenzierte Kundentypen untergliedert.

Im Verkauf und dem Verhalten des Verkäufers stecken große Potenziale, die zur Absatzsteigerung genutzt werden sollten. Der Verkäufer kann seine Kunden gar nicht gut genug kennen, will er diese Potenziale voll ausschöpfen. Je besser er seine Zielgruppe versteht, desto besser kann er den speziellen Kundenbedürfnissen entsprechen.

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